Missbrauch in der psychotherapeutischen Behandlung

Missbrauch in der psychotherapeutischen Behandlung

Missbrauch liegt immer dann vor, wenn der Patient und die psychotherapeutische Situation vom Psychotherapeuten zu etwas anderem benutzt werden, als dem eigentlichen Ziel der Arbeit entspricht. 

Daraus folgt, dass Missbrauch sehr subtil geschehen kann, nicht unbedingt vorsätzlich oder geplant geschehen muss und auch nicht immer direkt auffällt. Es kann auch vorkommen, dass ein Patient sich etwas wünscht, was er selber nicht als Missbrauch ansieht oder noch nicht als Missbrauch erkennen kann.

In jedem Fall ist der Arzt/Psychotherapeut verantwortlich für die Wahrung guter äußerer und innerer Grenzen; es ist immer Aufgabe des Arztes/Psychotherapeuten, einen Missbrauch zu verhindern.

Ein Arzt/Psychotherapeut bekommt für einen Patienten im Laufe der Behandlung besondere Bedeutung. Dabei geht es sowohl um die Erfahrung von Zuwendung, die der Patient mit dem Psychotherapeuten während der Behandlung macht, als auch um die Erwartungen, die ein Patient in der Regel an eine psychotherapeutische Behandlung hat. So ist es selbstverständlich, dass er angewiesen ist auf die Fähigkeiten und auch auf gut begründete Wertvorstellungen, die der Psychotherapeut in diese Arbeit einbringt; und damit ist er auch abhängig davon.

Abhängigkeit ist nichts Schlechtes, wenn es denn eine konstruktive und heilsame ist. Sie bedeutet aber gleichzeitig, dass der Psychotherapeut besondere Verantwortung trägt und beinhaltet umgekehrt, dass seine Stellung auch die Möglichkeit des Missbrauchs mit sich bringt.

Diese Missbrauchsmöglichkeit besteht grundsätzlich in allen Abhängigkeitsverhältnissen (Eltern-Kind-Beziehung; Lehrer-Schüler-Beziehung; Beziehung zwischen Vorgesetztem und Untergebenen; etc.).(s. dazu auch Literatur: Korte, M. (2012): Wahrung von Grenzen in der ärztlichen Tätigkeit Hessiches Ärzteblatt 2-2012, S. 81-86)

Was kann der Patient tun, wenn er das Gefühl des Missbrauchs hat?

Manchmal werden Patienten durch Schuldgefühle davon abgehalten, dem Gefühl von Missbrauch nachzugehen und Klarheit zu fordern. Sie fühlen sich möglicherweise schlecht, wenn sie von ihrem Psychotherapeuten, dem gegenüber sie auch Gefühle von Dankbarkeit und Wertschätzung haben, Klärung verlangen, fürchten vielleicht, ihm Unrecht zu tun, wenn sie überhaupt Missbrauch oder Grenzverletzung für möglich halten. Solche Gefühle sind nachvollziehbar, ändern aber nichts an der Verpflichtung jedes Psychotherapeuten, die Gedanken und Gefühle seines Patienten ernst zu nehmen und für Klarheit zu sorgen. Gerade der ernsthafte und wertschätzende Umgang eines Therapeuten mit solchen Fragen und Sorgen seines Patienten sind ein Zeichen einer Zuverlässigkeit und auch Vertrauenswürdigkeit.  




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